Auszug aus dem Jahresschreiben des VDKF-Vorsitzenden Peter Liszio an die Vereinsmitglieder zum Jahreswechsel 2011/12

(Das vollständige Schreiben kann im internen Mitgliederbereich des VDKF-Internet-Auftritts
heruntergeladen werden)

 

 

Die zunehmende Verunsicherung der Finanzmärkte und das Fehlen einer EU-weiten, politisch abgestimmten Finanzstrategie infizierte im Spätsommer zunehmend auch die Industrie. Die Rohstoffpreise für Erz und Kokskohle gerieten zunehmend unter Druck. Stahlhändler wetteten auf sinkende Stahl-Preise, die Ordermengen bei den Stahlproduzenten fielen und die Lagerbestände der Stahlkonzerne mehrten sich. Einige Mit­bewerber wetten aktuell auf weiterhin fallende Rohstoff-Preise für das nächste Jahr und leiteten einen Preiskampf auf dem Stahlsektor ein, von dem noch keiner absehen kann, wer Sieger und wer Verlierer sein wird.

Die Fachwelt ist sich zwar übereinstimmend einig, dass die aktuelle Situation nicht mit der Krise 2008/2009 vergleichbar ist, aber die Aussicht ist diffus und geprägt von einer großen Unsicherheit. Die Roheisenproduktion bei ThyssenKrupp läuft derzeit bei etwa 80 % Auslastung und viele globale Mitbewerber produzieren auf vergleichbarem bzw. noch niedrigerem Niveau. Die weltweit hochgerechnete Jahresproduktion an Roheisen fiel im Oktober auf 1,06 Mrd. t (Rückgang von 60 Mio. jato gegenüber der Juli-Produktion).

 

Die verhaltene Roheisenproduktion bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf den Koksmarkt. Im November war Polen-Koks für 412 $/t frei Landesgrenze lieferbar, wohingegen der China-Koks nach wie vor für ca. 490 – 500 $/t free on board (370 €/t) beziehbar ist. Die Exportmenge aus China betrug im Oktober gerade einmal 100.000 t. Marktexperten vermuten, dass die o.g. Preisgrenze von 370 €/t für die Chinesen den Beginn der Verlustzone markiert. Berücksichtigt man die Kosten für Versicherung, Bunkeröl und Transport, so nähert man sich auffällig den Preisen für den Polen-Koks. Darüber hinaus weist chinesischer Koks in aller Regel deutlich höhere Asche- und Wassergehalte auf. Ein Koks-Importpreis von ca. 400 €/t scheint also eine Größe zu sein, die man als westeuropäischer Koker im Hinterkopf behalten sollte…

 

 

Wie sieht es nun auf den deutschen Kokereien aus?

 

Die größten Veränderungen haben sicherlich bei unseren Kollegen in Bottrop stattgefunden. Seit dem 01.06.2011 firmiert die Kokerei Prosper nicht mehr als letzte Bergbaukokerei Deutschlands, also nicht mehr unter dem RAG-Logo, sondern als ArcelorMittal Bottrop GmbH.

Die Veränderungen in Bottrop hatten auch ihre direkten Auswirkungen auf den Stahl- und Koks-Standort Duisburg. Der Betriebsübergang verändert die Koksbezugsstruktur der Hochofenstandorte in Duisburg. Momentan erhalten die Häuser HKM und TKSE in Summe 1,5 Mio. t/a an Koks. Im Jahre 2013 reduziert sich diese Summe auf lediglich 0,6 Mio. t/a für TKSE, so dass eine Fehlmenge von in Summe 0,9 Mio. t/a resultiert, die durch den Neubau einer zweiten Batterie bei HKM kompensiert werden soll. Momentan sind die Fundamen­tierungsarbeiten bei HKM in vollem Gange und man rechnet mit dem Beginn der ff-Arbeiten im März/April des nächsten Jahres. Der erste Koks aus der neuen Batterie soll im Oktober 2013 gedrückt werden.

 

Bei den Kollegen in Salzgitter scheint es auf den ersten Blick kaum Veränderungen zu geben. Sie drücken immer noch regelmäßig ihre 165 Öfen/d, haben bis dato immer noch keinen Ofen schweißen müssen und auch sonst scheint der ff-Bestand tadellos zu sein.

 

 

Im Saarland haben unsere Kollegen auf der Zentralkokerei viel Freude an ihrer neuen Batterie und bereiten den Neubau der zweiten Batterie vor.

 

 

 

Der Betrieb der Kokerei Schwelgern war in diesem Jahr von einer Störung bedingt durch festsitzende Öfen betroffen, die zu einem Rückgang der Produktion führte. Da die Roheisenproduktion in dieser Periode sukzessive zurückgenommen wurde, war die Koks-Versorgung der Hochöfen nie gefährdet.

 

 

Die Heat-Recovery-Kokerei bei TK/CSA in Brasilien befindet sich nach wie vor im Hochlauf. Momentan sind zwei der drei Batterie-Einheiten in Betrieb und die Produktion pendelt sich bei annähernd 3.000 t Kokstr/d ein. Die Inbetriebnahme der dritten Batteriegruppe ist für April 2012 projektiert. Die junge brasilianische Betreibergruppe vor Ort ist mit mannigfaltigen technischen und verfahrenstechnischen Problemen konfrontiert und wird noch über längere Zeit Hilfestellung seitens UHDE und anderen Kokern benötigen.

 

Alle deutschen Kokereien sind derzeit mit neuen Anforderungen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes konfrontiert. Das so genannte Benzo-a-Pyren als Leitgröße für die krebserregende Stoffgruppe der Polyzyklischen Kohlenwasser­stoffe ist ein unvermeidbarer Bestandteil unseres Rohgases. Die gesetzlich zulässige maximale Arbeitsplatzbelastung unserer Mitarbeiter im Ofenbetrieb, die durch diffuse Emissionen mit dieser Stoffgruppe belastet werden, ist durch die Technischen Regeln für Gefahrstoffe geregelt. Bislang galt als Sonder­regelung für Kokereibetriebe ein Grenzwert von 5 µg/m³ am Oberofen. Aktuell wird im Rahmen des Arbeitsausschusses für Gefahrstufe ein neuer Grenzwert von 0,7 µg/m³ und eine Akzeptanzgrenze von 0,07 µg/m³ diskutiert; als Fernziel sollen 0,007 µg/m³ angestrebt werden. Diese 7 ng/m³ als Fernziel entsprechen vielfach den Immissionen im Umfeld von Kokereien (Grenzwert 1 ng/m³).

 

……sind wir auch schon beim richtigen Thema. In 2013 startet die nächste CO2-Handelsperiode und unseren Kokereien sind die Emissionsrechte massiv gekürzt worden. Unseren Kokereien fehlen circa 50 kg CO2-Zertifikate für die Produktion einer Tonne Koks, d.h. pro 20 t Koks muss ein Börsennotiertes Zertifikat in der Größenordnung von 20 - 40 €/t zugekauft werden….