Auszug aus dem Jahresschreiben des VDKF-Vorsitzenden Peter Liszio an die Vereinsmitglieder zum Jahreswechsel 2010/11

(Das vollständige Schreiben kann im internen Mitgliederbereich des VDKF-Internet-Auftritts
heruntergeladen werden)

 

 

…. Die deutsche Schwerindustrie ist aber nicht nur Rohstoff-seitig unter Druck. Mit dem Jahre 2013 beginnt eine neue Handelsperiode für CO2-Emissionsrechte, die dann gemäß der politischen Willensbildung sprunghaft verknappt werden sollen. Unsere Kokereien emittieren je nach Unterfeuerungstyp und implementierter Technik ca. 340-360 kg CO2/tKoks. Bislang waren die Werke mehr oder weniger auskömmlich mit Emissionsrechten ausgestattet, sodass die finanziellen Zusatzbelastungen überschaubar blieben. Ab 2013 sollen aber nunmehr Benchmark-Werte als Maßstab herangezogen werden, sodass jeder Betreiber, der mehr als diese zugestandenen Emissionen für seine Koksproduktion benötigt, diese an der Börse erwerben muss (20-40 €/tCO2). Das Jahr 2010 war somit ein Jahr teilweise abstrus geführter Diskussionen zwischen den politischen Willensträgern in Berlin und Brüssel auf der einen Seite und der Stahlindustrie auf der anderen. Nachdem es vor vielen Wochen nach einem Kompromiss bei ca. 310 kgCO2/tKoks aussah, tauchte plötzlich ein Papier aus Brüssel auf, das uns lediglich 69 kg CO2/tKoks zubilligen wollte. Dieses wäre der Einstieg in den Ausstieg der Schwerindustrie aus Deutschland, vielleicht sogar aus ganz Europa, geworden. Da im selben Papier auch der Hochofenprozess in seinen Rechten von ca. 1.400 auf ca. 1.000 kg CO2/tKoks reduziert werden sollte, hätte allein das Haus TKSE pro Jahr Mehrkosten von mindestens 120 Mio. € zu stemmen gehabt, eine Summe, die durch operative Kosteneinsparprogramme nicht mehr kompensierbar gewesen wäre! Die Deindustrialisierung unserer Region wäre endgültig eingeleitet worden.

Nunmehr liegt ein Kompromiss vor, der einen Benchmark in Höhe von 289 kg CO2/tKoks vorsieht, eine anspruchsvolle aber bewältigbare Zielhürde. Es besteht zwar überhaupt keine Chance, dass eine Kokerei mit so wenigen Rechten Koks produzieren kann, das ist auch gar nicht der Anspruch der Politik, aber die zwangsläufig anstehende finanzielle Mehrbelastung ist zumindest beherrschbar. Es ist eben nur bedauerlich, dass nicht alle Nationen an diesem System teilnehmen, sodass die Werke in China, Japan, Korea, Brasilien, Russland und den USA hier einen wirtschaftlichen Vorteil in gleicher Höhe erhalten und das unabhängig von ihrer installierten Technik…

Die Stahlindustrie ist in Deutschland neben der Energiebranche der größte CO2-Emittent und kann verfahrensimmanent nicht auf CO und somit CO2 verzichten. Da sich die Politik aber zu Minderungen verpflichtet hat, ist die politische Unterstützung für unsere Verfahrenstechnik nicht sonderlich breit gefächert…

 

Wie lief das Jahr 2010 auf den deutschen Kokereien ab?

Die Kokerei Salzgitter wird seit dem Frühjahr wieder mit Vollauslastung betrieben, sodass dort wieder auf beeindruckende Art und Weise 161 Öfen pro Tag gedrückt werden. Im Anschluss der diesjährigen Sitzung des deutschen Kokereiausschusses konnten wir uns von dem außerordentlich guten Zustand der beiden Batterien überzeugen. Die Kokerei ist ein Musterbeispiel erfolgreicher ff-Pflege bei maximaler Produktivität und konnte die Substanz ihrer Batterien erfolgreich über die Krise hinweg erhalten.

 

Die Kokerei Prosper hat auch schon seit geraumer Zeit ihre Vollproduktion erreicht. Ähnlich zur Situation bei Salzgitter hat auch sie die Krisenzeit relativ gut überstanden, ohne schwerwiegende Schäden am ff-Material. Auch in diesem Jahr haben die Kollegen in Bottrop wieder eine Vielzahl an Maßnahmen zur Anpassung ihrer Technik an die geltenden Bestimmungen der TA Luft realisieren können. Neben den technisch anspruchsvollen Herausforderungen des Betriebes konzentriert sich aber das Umtun in Bottrop sicherlich auf die unmittelbare gesellschaftliche Zukunft des Unternehmens. Der Übergang des Unternehmens von der RAG an ArcelorMittal nimmt die Kollegen in erheblichem Maße gefangen, soll dieser Wechsel auf Wunsch des künftigen Eigners doch schon bis zum 01.04.2011 realisiert werden.

Die Kollegen auf der Kokerei HKM stehen vor nicht minder großen Herausforderungen. Nach vielen Jahren wechselhafter Erfahrungen bezüglich der Erweiterung der Kokereikapazität wurde, nicht zuletzt forciert durch die Entscheidungen bei Prosper, der Kokereineubau endgültig beschlossen.

 

Im Saarland konnten die Kollegen der Kokerei ZKS ihre neu erbaute Batterie 3 am 14. Januar 2010 offiziell in Betrieb nehmen.

 

Die Kokerei Schwelgern fährt seit Anfang des Jahres Vollproduktion und hat die Krise ebenfalls ohne nennenswerte Schäden überstanden. Im laufenden Jahr wurden beide CSQ-Löschtürme revidiert und vom TÜV emissionsseitig abgenommen. Im Bereich der KWA wurde die Claus-Anlage 2 komplett revidiert und zwei Wascher mit neuen Einbauten zugestellt.

Das ThyssenKrupp-Tochterwerk CSA in Serpetiva/Brasilien konnte in diesem Jahr seinen ersten Hochofen erfolgreich in Betrieb nehmen, der zweite soll in den nächsten Wochen folgen. Von seinen 432 Öfen der Heat-Recovery-Anlage sind mittlerweile 72 relativ problemlos in Betrieb.