„Was werden in nur 20 Jahren unsere Kokerei-Nachfahren vom
Kokereigebiet sagen?“ fragte Herr Professor Dietrich Wagener - damals
Geschäftsführer einer der drei deutschen Kokereibaufirmen - bei der
Gründung des Vereins Deutscher Kokereifachleute e.V. Er stellte diese Frage
vor dem Hintergrund der Novelle „Das
Fähnlein der sieben Aufrechten“, in der Gottfried Keller schildert, wie
man sich Mitte des 19. Jahrhunderts in der Schweiz den
gesellschaftspolitischen und auch wirtschaftlichen Umbrüchen der damaligen
Zeit stellte.
Dass die aufmüpfige „Siebenmännergesellschaft“
aus Zürich etwas mit dem siebenköpfigen VDKF-Vorstand gemein haben sollte,
ist wohl eher dem Bereich der Fabel zuzuordnen. Dass Professor Wagener
seine Frage vor genau 20 Jahren stellte, ist jedoch Realität: Am
6. August 2007 feiert der Verein Deutscher Kokereifachleute
seinen 20. Geburtstag - ein eher kleineres Jubiläum, das aber in der
Schnelllebigkeit des Berufsalltags nicht untergehen
sollte.
Am 6. August 1987 fand im Parkhaus Hügel in Essen die Gründungsversammlung
des VDKF statt. Vorausgegangen war ein intensives Engagement verschiedener
Persönlichkeiten des Deutschen Kokereiwesens, die die Interessen der
deutschen Kokereifachleute in einem Verein als Berufsverband konzentrieren
wollten, sich aber auch gleichzeitig der Förderung der Technik,
Wissenschaft und Forschung im Bereich des Kokereiwesens verschrieben
hatten. Am 23. November 1987
wurde der Verein Deutscher Kokereifachleute e.V. unter der Nummer
VR
3079 in das Vereinsregister beim Gericht Essen eingetragen.
Besonders Herrn Dr.
Gerd Nashan von der damaligen Ruhrkohle AG ist es zu verdanken, dass unser heutiger Verein unter seiner Führung aus
der Taufe gehoben und mit Leben erfüllt wurde. Die Gründung des Vereins
fand in einer Zeit statt, in der noch viele potentielle Mitglieder im Sinne
der Satzung für die Belange des Vereins erreichbar waren. So waren es sehr
schnell etwa 180 Koker, die er als erster VDKF-Vorsitzender für einen
Vereinsbeitritt begeistern konnte. Unterstützung fand er bei der damaligen
Bergbau-Forschung, der heutigen DMT GmbH, wo unter Regie der Herren Dr. Eisenhut
und Dr. Orywal die Grundlagen für die Geschäftsführung des Vereins gelegt
und darüber hinaus bis heute verschiedene Vereinsaktivitäten koordiniert wurden.
In die Gründerjahre des VDKF fiel eine Reihe vielbeachteter und für das
Vereinsleben wichtiger Ereignisse: gleich zu Beginn wurde in Essen im
September 1987 der 1st International Cokemaking Congress
erfolgreich durchgeführt. Die erste Ausgabe unseres Vereinsorganes
Cokemaking International erfolgte 1990. Im gleichen Jahr wurde auch die
Stiftung zur Förderung des Kokereiwesens in Technik und Wissenschaft
gegründet.
Herrn Dr. Nashan folgten im Vorsitz die Herren Dr. Hofherr und Dr.
Stoppa, die mit sehr viel persönlichem Engagement für den VDKF eintraten,
die aber noch mehr die Umbrüche spürten, die immer deutlicher auf das
deutsche Kokereiwesen zukamen. Vorausschauend hatte wohl auch Herr
Professor Wagener bereits mit seinem Vergleich zu den „sieben Aufrechten“
in Zürich auf diese Veränderungen angespielt und zufrieden festgestellt,
dass auch Krisen zu meistern sind, wie es für jedermann offensichtlich die
Schweizer geschafft haben.
Heute steht Peter Liszio dem VDKF als Vorsitzender vor, in einer
Zeit, in der sich die Situation der Kokereien in Deutschland gegenüber 1987
total verändert hat: die Koksproduktion ging um mehr als die Hälfte von
ca. 20 Mio. t (1988) auf etwa 8 Mio. t im Jahr 2007 zurück.
Noch drastischer fällt der Rückgang bei der Anzahl der produzierenden
Kokereien auf: im Jahr 1987 wurden noch 20 Hütten- und Bergbaukokereien
betrieben – heute gibt es noch 4 Hüttenkokereien und 1 Bergbaukokerei. Die
noch im Jahr 1987 tätigen drei deutschen Kokereibaufirmen haben sich
mittlerweile zu einer einzigen zusammengeschlossen. Mit einer gewissen Genugtuung
ist jedoch eine Konsolidierung in allen Bereichen festzustellen.
Ganz im Gegensatz zur allgemeinen Situation des deutschen
Kokereiwesens verlief die Mitgliederentwicklung des VDKF. Konnte im Jahr
1994 erstmals die „200-Mitgliedermarke“ überschritten werden, um die auch
in den Folgejahren die Zahl der persönlichen Mitglieder pendelte. So sind
es in diesem Jahr annähernd 240 persönliche Mitglieder und 19
Firmenmitglieder, die die Interessen des Vereins ideell und finanziell
unterstützen.
Und wie könnte Herrn Professor Wagener auf seine vor genau
20 Jahren aufgeworfene Frage geantwortet werden, wenn man sie allein
auf das Wirken des VDKF fokussiert?
Sicher, nicht alle Blütenträume konnten reifen. Die
Publikation unserer weltweit viel beachteten Vereinzeitschrift Cokemaking
International mit technisch-wissenschaftlichen Arbeiten aus der
Kokereitechnik und Informationen aus der Kokereiwelt musste aus
wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden. Heute sorgt der neu
geschaffene Internet-Auftritt des VDKF für eine zeitgemäße Information der
Mitglieder, einen vollwertigen Ersatz für unser ehemaliges Vereinsorgan
kann er allerdings im Augenblick noch nicht darstellen. Auch konnten die
von Herrn Professor Wagener vor 20 Jahren angesprochenen Impulse
zur Weiterentwicklung der Kokereitechnik von deutschen Kokereifachleuten
nicht in dem Maße angestoßen und umgesetzt werden, wie es vielleicht von
manchem der Gründungsväter erhofft wurde. Die hierfür verantwortlichen
äußeren Umstände waren vom VDKF und seinen Verantwortlichen jedoch sicher
nicht zu beeinflussen.
Wie die „sieben Aufrechten aus Zürich“ versuchten die jeweiligen
sieben Vorstandsmitglieder vielmehr, sich mit den ihnen vorgegebenen
Situationen im Sinne der Vereinsziele zu arrangieren, um so das Machbare
zu ermöglichen. Und das ist nicht wenig, wenn man die vor 20 Jahren
gesteckten Vereinsziele vor Augen hat:
unsere vielbeachtete, jährliche Fachtagung Kokereitechnik hat
trotz mancher Widrigkeiten auch heute noch Bestand. Nachdem das Haus der
Technik in Essen aus finanziellen Gründen als Veranstaltungsort aufgegeben
werden musste, fand man in den repräsentativen Räumen des Rellinghauses der
RAG AG einen mehr als gleichwertigen Ersatz, wo die Veranstaltung seit
2002 im Wesentlichen in Eigenregie durchgeführt wird. Den Verantwortlichen
der Veranstaltung ist es bis heute immer wieder gelungen, anspruchsvolle
Vortragsthemen zu präsentieren, die auch mehr und mehr unsere
Kokereikollegen aus dem benachbarten Ausland den Weg nach Essen finden
lassen. Die Vortragsveranstaltung im Rellinghaus stellt ein wesentliches
Element in der Weiterbildung der Koker dar und trägt zum angestrebten Erfahrungsaustausch
unter den Kollegen bei, der durch weitere, alljährlich durchgeführte gesellschaftliche
Veranstaltungen vertieft werden kann.
Mit Ehrungen und Preisverleihungen konnte das Berufsbild des
Kokereifachmanns gepflegt und gefördert werden.
Aus Mitteln der vom VDKF gegründeten Stiftung wurde eine Vielzahl
von Projekten gefördert, von denen es sich besonders lohnt, die Herausgabe
des zweibändigen Werkes Koks
- Die Geschichte eines Wertstoffes zu erwähnen. Wie überhaupt die
historische Aufarbeitung des deutschen Kokereiwesens im Laufe der Zeit im
VDKF einen immer breiteren Raum einnimmt. Vielleicht spiegelt dies jedoch
auch die demographische Entwicklung in der Mitgliederstruktur des VDKF
wider: die zunehmende Anzahl an Pensionären begünstigt ein intensives
Engagement im vom VDKF im Jahr 2004 gegründeten Historiker-Kreis. Der
historische Rückblick unserer nicht mehr im Berufsleben stehenden
Mitglieder und damit auch die Weitergabe ihrer Erfahrungen kann nur als
Gewinn für die jüngeren Mitglieder im VDKF angesehen werden. Und diese gibt
es glücklicherweise immer noch!
Es steht nun in der Verantwortung von uns allen, junge Mitglieder
auch für ein tatkräftiges Engagement in der Vereinsarbeit des VDKF zu
gewinnen. Einem optimistischen Blick in die Zukunft des VDKF steht dann
nichts entgegen.
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